Die Besetzung

Übernommen aus:

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OSTBERLINER NEWSBLOG – PLATTFORM FÜR KUNDSCHAFTER, KADER, VOLXKORRESPONDENTEN [ONLINE SEIT MÄRZ 2003]

Die Besetzung der Lottumstr. 10a (Bandito Rosso), in Berlin – Prenzlauer Berg

Mit dem Sturz der SED-Herrschaft und der neu gewonnen Freiheit boten sich für viele Linke und Linksalternative in der DDR und besonders in Ostberlin völlig neue Voraussetzungen. Für die DDR-Opposition war der „Schutz” der Kirche nun plötzlich nicht mehr nötig. Und bei den vor allem linken und parteiunabhängigen Gruppen wurde das Bedürfnis immer deutlicher, diesen “Schutz” zu verlassen und sich den Gängeleien der Kirche zu entziehen. Doch woher neue Räume nehmen? Da von den alten neuen Staatslenkern nichts zu erwarten war und auch die neu entstandenen Bürgerbewegungen nur wenig Interesse hegten, die schon früher ungeliebten linken Oppositionsgruppen (zu chaotisch, zu links etc.) zu unterstützen, reifte der Plan, Räume zu besetzen.

13.Januar 1990, Besetzung der Lottumstr. 10a, in Berlin – Prenzlauer Berg. An der Leiter Wolfgang Rüddenklau, Mitbegründer der Umweltbibliothek Berlin und der Zeitschrift telegraph. Auf dem Sprung ins Haus: Gerold Hildebrand.


Nach kurzer Suche war das Haus Schönhauser Allee 5 als geeignetes Objekt der Begierde auserkoren. Vertreter der „Umweltbibliothek Berlin”, der „Grünen Liga”, einer Lesben-Gruppe, des „Revolutionären Autonomen Jugendverbandes” und der „Autonomen Antifa Ostberlin”, bis dahin noch Teil der Kirche von Unten, trafen sich und beschlossen, das Haus am 13.01.1990 zu besetzen. In dem sehr großen, mit Seitenflügeln und Quergebäuden versehenen Haus Schönhauser Allee Nr. 5 sollte, so waren die Überlegungen, ein politisches Zentrum für Ostberlin geschaffen werden, ähnlich dem Mehringhof in Kreuzberg. Das sollte in einer Zeit, wo die alten Behörden der DDR nicht einmal mehr passiven Widerstand leisteten, nicht schwer fallen. Alles war vorbereitet, Transparente gemalt, sogar eine Videokamera wurde aufgetrieben. Doch es kam anders. Der damalige Sänger und Chef der Rockband Feeling B, Aljoscha Rompe, erfuhr durch eine Indiskretion eines Umweltbibliothek-Mitglieds von diesem Vorhaben. Daraufhin ging Aljoscha, clever wie er war, zur damaligen Kommunalen Wohnungsverwaltung Prenzlauer Berg und erklärte, er hätte das Haus Schönhauser Allee 5 besetzt und erwirkte, wie auch immer, ein vorübergehendes Nutzungsrecht für sich und weitere vier Personen. Als sich nun am 13. Januar etwa 50 Menschen vor dem Haus Schönhauser 5 einfanden, war das Erstaunen groß, als Herr Aljoscha Feeling B mit seinem Schriftstück wedelnd vor dem Eingang stand und erklärte, er werde die Polizei holen, wenn die Leute versuchen würden, an ihm vorbei die Räume der Schönhauser 5 neu zu besetzen.

Was also tun? Während ein Teil der Meinung war, das Haus trotzdem zu besetzen und Aljoscha und Co. schlicht an die Luft zu setzen, war die Mehrheit dafür, ein anderes Haus zu suchen. Also zog man los, auf der Suche nach einem anderen Haus. Nach mehreren Stunden Umherirren, erreichte die stark zusammengeschmolzene Gruppe das Haus Lottumstr. 10a. Von der Lauferei ermüdet und frustriert, entschloss man sich kurzerhand, dieses viel zu kleine und für das geplante Vorhaben eines Zentrums völlig ungeeignete Haus zu besetzen.

13.Januar 1990, Besetzung der Lottumstr. 10a, in Berlin – Prenzlauer Berg

Hier noch einmal ein spezieller Dank an Gerold Hildebrand. Er war der erste, der entschlossen in das Haus eindrang und die Zögerlichen auf der Straße agitierte, dass man sich jetzt dieses Haus nehmen solle. Dank dieser beherzten Aktion von Gerold Hildebrand, entstand eines der wichtigsten linksradikalen Projekte in Berlin, dass bis zum heutigen Tag Bestand hat.

Bereits nach kurzer Zeit wurde klar, dass das Haus zu klein war. Nachdem sich sowohl die Grüne Liga als auch die Lesben-Gruppe aus dem Projekt zurückzogen, beschloss auch der Umweltbibliothek- Kreis, keine Anstrengungen in dieses Haus zu stecken. Letztendlich blieben also nur noch die AktivistInnen des „Revolutionären Autonomen Jugendverbandes” und der „Autonomen Antifa Ostberlin” übrig. Diese verwandelten die Lottum 10a in einem Wohn- Projekthaus und gründeten den Hausverein „Flinke Linke Flotte Lotte“. Schon im März 1990 öffnete die Vereinsräume Bandito Rosso, die als Info- und Veranstaltungskneipe bis Heute viele unterschiedliche Gruppen des linken Spektrums beherbergen. Das das Bandito Rosso ist selbstverwaltet und unkommerziell, das heisst, es wird kein Eintritt genommen, und alle Leute, die mitmachen, engagieren sich in ihrer Freizeit und ehrenamtlich. Seit 1991 haben die BewohnerInnen der Lottumstr. 10a reguläre Mietverträge.

Quellen:
Die Berliner Umwelt-Bibliothek, Links, anarchistisch und auch immer ein wenig chaotisch: http://umwelt-bibliothek.de/umwelt-bibliothek.html

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